Es gibt nur ein Team – Warum Zusammenarbeit der wahre Erfolgsfaktor ist

von Christian Rudolph 20.03.2025

News 7 Min. Lesezeit

In erfolgreichen HMI-Projekten entscheidet weniger die Technik als die Art der Zusammenarbeit. „Es gibt nur ein Team“ ist eine Haltung: Gestaltung, Entwicklung, Anwendung, Produktverantwortung und Nutzung greifen ineinander und verfolgen ein gemeinsames Ziel. Echte Empathie entsteht durch unmittelbare Begegnung – durch gemeinsame Beobachtung, gemeinsames Ausprobieren und schrittweise Verbesserung. Dieser Beitrag zeigt, warum interdisziplinäre Zusammenarbeit, methodisches Vorgehen und gute Werkzeuge die Erfolgschancen erhöhen – und liefert konkrete Ansätze für Organisation und Prozess.

Dieser Artikel ist Teil der Serie Zukunftssichere HMIs.

Ein Team denken, nicht Teams organisieren

In vielen Unternehmen leben organisatorische Silos weiter: Design-Team, Entwicklungs-Team, Applikation, SPS, Service, Dokumentation — alle mit eigenen Prioritäten, Sichtweisen und Arbeitsweisen. Das Problem ist nicht, dass die Disziplinen existieren (das müssen sie), sondern wie wir organisieren: Als getrennte Einheiten, die zusammenarbeiten (müssen). Diese Mentalität erzeugt Reibung, Missverständnisse und Endlos-Abstimmungen.

Die Alternative: Ein HMI Team. Nicht einfach ein Verbund von Spezialisten, die auf Zuruf Funktionen liefern, sondern eine langfristig zusammengesetzte Einheit mit gemeinsamer Verantwortung für Ergebnis, Betrieb und Kundennutzen. Produktentscheidungen werden dort getroffen, wo das fachliche Wissen verschiedener Disziplinen zusammenkommt — und nicht als Kompromiss der letzten Minute.

Warum Zusammenarbeit eine Superpower ist

Kooperation ist menschliche Kernkompetenz: wir können in großen, flexiblen Gruppen kooperieren — und genau das unterscheidet erfolgreiche Produktteams. Kollaboration bedeutet nicht nur Meetings, sondern gemeinsame Erfahrungen: Vor-Ort-Beobachtungen, Pair-Prototyping, gemeinsame Usability-Sessions, gemeinsames Debugging am Feld. Diese geteilten Erfahrungen schaffen ein gemeinsames Bild der Nutzerprobleme und der technischen Machbarkeit.

Die Forschung und die Praxis zeigen: je mehr Zeit („exposure hours“) Teammitglieder in realen Nutzungskontexten verbringen, desto besser ihre Fähigkeit, Bedürfnisse zu erkennen und Lösungen zu priorisieren. Empathie entsteht nicht durch einzelne Interviews, sondern durch wiederholte, direkte Exposition gegenüber den Arbeitsbedingungen der Anwenderinnen und Anwender.

Praktiken, die ein echtes Team formen

  1. Lang lebende, autonome Teams: Je länger Menschen zusammenarbeiten, desto höher das Vertrauen. Vertrauen ist die Grundlage für schnelle Entscheidungen.
  2. Interdisziplinäre Teamstruktur: Produktmanager, Designer, Entwickler, Applikateure, Service und technische Redaktion gehören in dieselbe Teamstruktur. Verantwortung für das Ergebnis ist geteilt.
  3. Praxisorientiertes Arbeiten: Regelmäßige Feldbesuche, Shadowing, gemeinsame Tests — nicht delegieren, sondern teilhaben.
  4. Iteratives Prototyping: Kleine, schnelle Experimente (MVPs) erzeugen früh Feedback und verringern Risiken.
  5. Verbindliche Definition von Erfolg: Gemeinsame Vision und messbare Ziele (nicht nur Feature-Listen).
  6. Rollen mit klaren Mandaten: Empowerte Teams brauchen Entscheidungsbefugnis — klare Grenzen statt diffuse Verantwortung.

Warum das nicht bequem ist, aber trotzdem sein muss

Exposure ist unangenehm: Kritik sehen, beobachtet werden, Fehler offenlegen — das reizt unser Ego nicht. Zudem erfordert es Zeit und Disziplin, die in Projektbudgets nicht immer vorgesehen sind. Viele Organisationen vermeiden diese „Schmerzen“ — mit dem Ergebnis, dass Anforderungen falsch verstanden, Features misspriorisiert und Lösungen aufwändig nachgebessert werden müssen.

Kurzfristig fühlt sich das traditionelle Silodenken oft effizienter an. Langfristig zahlt man dafür doppelt: in Zeit, Supportaufwand und Nutzerakzeptanz. Die Einsicht ist banal, aber wirkungsvoll: wer die Nutzerprobleme nicht wirklich fühlt, baut Lösungen, die nur auf dem Papier funktionieren.

Rolle von Werkzeugen und Plattformen

Werkzeuge können Zusammenarbeit nicht ersetzen — sie können sie jedoch erleichtern und demokratisieren. HELIO bietet ein perfektes Ökosystem für eine gemeinsame Arbeitsbasis: vordefinierte Controls, Templates, Theming und eine geführte IDE, die es verschiedenen Rollen erlaubt, schnell Prototypen zu bauen, zu testen und zu iterieren. Das reduziert technische Reibung und macht Exposure-Work produktiver: Designer können direkt an Umsetzungen arbeiten, Entwickler sehen früh technische Limitationen, Applikateure passen Bedienlogiken vor Ort an.

Wichtig ist: Tools müssen Rollen verbinden, nicht verschieben. Ein guter Editor oder ein Designsystem schafft gemeinsame Sprache und Material, sodass Entscheidungen schneller, nachvollziehbarer und reproduzierbar werden.

Konflikte als Ressource, nicht als Störung

Meinungsverschiedenheiten sind unvermeidbar — und nützlich. Unterschiedliche Perspektiven schützen vor Tunnelblick. Entscheidend ist, einen Rahmen zu haben, in dem Konflikte konstruktiv verhandelt werden: klare Kriterien für Erfolg, Faktenbasierung, gemeinsame Nutzerbeobachtungen und transparente Entscheidungsprozesse. So werden Konflikte zur Quelle besserer Lösungen.

Organisationale Voraussetzungen für langfristigen Erfolg

  • Stabile Teams: Minimale Rotation in kritischen Phasen.
  • Rückendeckung durchs Management: Führung, die interdisziplinäre Arbeit institutionalisiert und Befugnisse delegiert.
  • Messbare Ergebnisse statt Leistungen: Fokus auf Nutzung, Akzeptanz und Betriebskosten.
  • Rituale für Austausch: Gemeinsame Reviews, Feldtage, Pairing-Sessions.
  • Schulung & Coaching: Zusammenarbeit muss gelernt werden — nicht jede:r bringt die Erfahrung mit.

Fazit

„Es gibt nur ein Team“ ist weniger Sprachspiel als Paradigmenwechsel: Produktqualität entsteht dort, wo unterschiedliche Expertisen zusammenwirken, sich gegenseitig aussetzen und gemeinsam Verantwortung übernehmen. Wer diese Haltung fördert — durch Prozesse, Rituale und passende Tools — reduziert Risiken, beschleunigt Lernzyklen und schafft HMIs, die in der Praxis funktionieren und langfristig tragfähig sind.

Interne Quellen

Das HELIO Design System
Das HELIO Design System ist eine Sammlung von Elementen, mit denen sich zukunftssichere Benutzeroberflächen für industrielle Maschinen erstellen lassen.
docs.helio-hmi.com/docs/reference/design-system

Das HELIO SDK
Basierend auf einer hochgradig erweiterbaren Kernarchitektur bietet das HELIO SDK sorgfältig gestaltete APIs, die einen schnellen Einstieg ermöglichen und gleichzeitig für große Teams und lange Produktzyklen skalieren.
docs.helio-hmi.com/releases/25.2.0

Was HELIO einzigartig macht
HELIO ist ein No-Code-Tool zur Erstellung industrieller HMIs – und unterscheidet sich grundlegend von anderen Lösungen.
docs.helio-hmi.com/docs/getting-started/what-makes-helio-unique

HMIs ohne SPS entwickeln
Beginnen Sie mit Nutzerforschung, Prototyping und Umsetzung, bevor eine SPS verfügbar ist – und sprechen Sie frühzeitig mit SPS-Ingenieuren über die API: Welche Daten stehen zur Verfügung, und in welchem Format?
docs.helio-hmi.com/docs/guides/building-hmis-without-plc-connection

Internationalisierung
HELIO wurde von Grund auf mit Blick auf Internationalisierung entwickelt. So lassen sich auch Fachkräfte für technische Dokumentation einfach in das Team einbinden.
docs.helio-hmi.com/docs/guides/internationalization

Externe Quellen

There Is Only One Product Team — Gedankentank.
Warum echte Produktteams Verantwortung teilen – und Silodenken Innovation verhindert.
gedankentank.com/blog/2025/10/13/there-is-only-one-product-team

Increased Exposure Hours — Jared Spool.
Mehr Zeit mit Nutzer:innen führt zu besseren Entscheidungen und nachhaltigerem Design.
jmspool.medium.com/fast-path-to-a-great-ux-increased-exposure-hours-afde796f2e43

How to Get Along with Designers — Eleken.
Tipps, wie Designer und Entwickler effektiv kommunizieren und gemeinsam Lösungen finden.
eleken.co/books/how-to-get-along-with-designers-and-work-well-together

Product vs Feature Teams — SVPG.
Warum Produktteams Wert schaffen – während Feature-Teams nur Aufgaben abarbeiten.
svpg.com/product-vs-feature-teams

Simon Sinek — Cooperation talk (Video).
Menschen sind erfolgreich, weil sie kooperieren – nicht weil sie allein stark sind.
youtube.com/watch

Shape Up — Making teams responsible (Basecamp).
Wie Eigenverantwortung und klare Rahmenbedingungen Teams produktiver machen.
basecamp.com/shapeup/0.3-chapter-01



Dieser Artikel ist Teil der Serie:

Zukunftssichere HMIs – Erfolgsfaktoren für industrielle User Interfaces mit Weitblick

1. Nutzerzentrierung
Wer nicht das Produkt, sondern den Menschen in den Mittelpunkt stellt, bekommt nicht nur zufriedenere Nutzer:innen, sondern auch bessere Produkte.
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2. Technologische Zukunftssicherheit
Webtechnologie ist führend – weil sie eine riesige Nutzerbasis, etablierte Standards und offene Schnittstellen bietet.
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3. Prozess- und Ressourceneffizienz
Effiziente HMIs entstehen nicht durch Zufall – sondern durch klare Abläufe, passende Werkzeuge und gute Rollenverteilung.
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4. Unabhängigkeit & Skalierbarkeit
Wenn Sie industrielle HMIs erstellen, sollten Sie sich nicht an Lieferanten oder Hardware binden. Unabhängigkeit ist der Schlüssel.
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5. Es gibt nur ein Team
Erfolgreiche HMIs entstehen nicht durch Tools oder Technologie allein – sondern durch echte Zusammenarbeit.

6. Praxisverstand
Hier ist unsere ultimative Zutat für den Aufbau zukunftssicherer HMIs. Das Beste daran ist: Sie ist meistens werkseitig bereits eingebaut.
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